Spontanbewerbung
Wenn Stellensuchende aktiv sind und sich wirklich um eine Anstellung bemühen, so finde ich es sehr schade, wenn ich ihnen keine Arbeit anbieten kann. Dabei ist es egal, ob jemand gut Deutsch spricht oder nicht. Aber halloo??!! Wenn jemand plötzlich in meinem Büro steht und fragt, ob ich Ihr einen Stempel für das Arbeitsamt geben könne, dann werde ich sauer … echt sauer! Und wenn sie dann gar sagt: „Ich brauche einen Stempel für das Arbeitsamt!“, dann könnte ich denen in ihre hinterste Ecke treten … Es gibt ein paar Dinge, die gehen im Verkauf einfach nicht:
– Vorstellungsgespräch im Jogginganzug
– Zuerst nach Frei- und Urlaub fragen, bevor man weiss, ob eine Stelle frei ist
– Ohne Unterlagen nach einer Stelle fragen
Mir ist aufgefallen, dass fast alle Spontanbewerber eine Stelle suchen, aber nur die Wenigsten eine Arbeit! Deshalb habe ich ein ganz kleines Blatt kreiert: Darauf sind die Angaben notiert, welche ich in einer Bewerbung verlange; und eine Bewerbung hat schriftlich zu erfolgen! Es gibt bei mir keine Stempel umsonst; wer sich korrekt bewirbt, erhält eine schriftliche Absage, wenn ich keine Stelle anzubieten habe oder wird eingeladen, wenn etwas Passendes frei ist. Seltsamerweise musste ich nie eine Absage schreiben … und auch nie jemanden einladen … Kürzlich stand meine Traumkandidatin in meinem Büro, ich kurz vor Kaffee Nummer 7 (Spontanbewerber kommen nie vor der vierten Tasse!) … Fettige Haare (nein, ich habe immer noch lieber keine!), stank nach Rauch, im Jogginganzug aus den Siebzigern … und sagte eben diesen Satz, den genau so eine Person nie sagen darf: „Ich brauche einen Stempel für das Arbeitsamt!“ So nicht! „Das trifft sich aber gut, dass sie gerade heute kommen, ich suche tatsächlich gerade jemanden!“ sagte ich zu ihr. Sie wurde blass! „Ich kann aber Samstags nicht arbeiten und eigentlich nur zwischen 9 und 11 …“ stammelte sie. „Ach, das macht nichts, wenn sie genau die richtige Person sind, dann werden wir es schon einrichten … bei mir haben die Mitarbeiter 50% Einkaufsvergünstigung auf allem und 8 Wochen bezahlten Urlaub. Der Stundenlohn beträgt 35 Franken, nicht wie bei der Konkurrenz nur 18 Franken.“ Sie wurde kreidebleich … „Bestimmt haben sie mir ihre Bewerbungsunterlagen mitgebracht?! Die würde ich mir jetzt gerne ansehen!“ „Nein, die habe ich nicht dabei … ehhhmmm … ich habe gar keine, so was habe ich noch nie gebraucht …“
„Oh, dann sind sie nicht die Richtige, tut mir leid!“ sagte ich knapp … Sie verliess den Laden und blieb noch eine halbe Stunde am Brunnen stehen, bis sie wieder etwas zu sich kam. Ich kann ja so nett sein!