Nikolaus

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Viele Dorfladenbesitzer engagieren sich in Vereinen oder machen gemeinnützige Arbeiten. Nicht zuletzt, um bei grösseren Anlässen der Lieferant zu sein! Vereinsmeierei liegt mir weniger, und so habe ich mich entschlossen, am Nikolaustag den Klaus zu machen.

Ich habe mir als ein wunderschönes Kostüm besorgt: langer, roter Mantel mit Kapuze, dichter Bart und weisse Handschuhe. Die kräftige Figur hat mir die Natur (oder die Schokolade) gegeben. So kam es, dass ich für Auftritte als Nikolaus gemietet werden konnte. Ausgerüstet mit einem grossen Jutesack, einem dicken Buch und einer Rute, machte ich mich auf den Weg. Warum muss es im Dezember bloss immer so früh dunkel sein? Ich fand das Haus fast nicht..besser gesagt, die Hausnummer nicht; so dauerte es eine ganze Weile, bis ich beim ersten Kind ankam. Und ich fror …

Mit einem Holzknüppel klopfte ich an die Türe; Papa machte auf, die Kinder im Wohnzimmer warteten schon – skeptisch schauten sie mich an und versteckten sich hinter dem Sofa. Nur der kleinste, der Dreijährige kam mit einem Glas warmer Milch an.

Haben sie jemals einen Mann mit Bart und Schnauzer beim Trinken beobachtet? Gesehen, wie übel ein Teil der Flüssigkeit am Schnurrbart kleben bleibt, um später in langsamen Tropfen auf den Bart zu kleckern? Ja? Dann stellen sie sich jetzt vor, wie es aussieht, wenn der Bart nicht am Gesicht angewachsen sondern nur mit einem Gummiband am Hinterkopf befestigt ist … übler geht es nicht!

Habe ich schon erzählt, dass ich Milch nicht ausstehen kann? Und warme Milch einen Brechreiz auslöst? Mir ging es übel, ich hatte Schweissausbrüche … und nun ein Kind nach dem anderen auf dem Schoss. Jedes erzählte seine Geschichte, konnte kaum erwarten, ein Geschenk zu bekommen … Als der Kleinste dran war, löcherte mich dieser mit Fragen: warum ich keinen Esel hätte, keinen Schlitten, ob es weit sei, bis zu meiner Hütte und ob ich den Osterhasen auch kenne … Ich kam in Erklärungsnotstand, ich wollte doch nicht lügen! Und mir wurde immer heisser … und übler … Ich versuchte, so zweideutig wie möglich zu antworten. Und dann fiel mir Mutti ins Wort: „Wenn du nächstes Jahr nicht artig bist, haut dich der Nikolaus mit der Rute!“ Na warte, Mutti! Mir ins Handwerk pfuschen, wenn ich schon am Abkratzen bin … „Die Rute des Nikolaus ist nicht zum Schlagen da,“ erklärte ich „es ist nur ein schlechtes Geschenk für ungehorsame Menschen!“ Mit diesen Worten übergab ich meinen Besen der Frau und verabschiedete mich .. Draussen an der frischen Luft ging es mir gleich besser … oder war es das doofe Gesicht von Mutti, das meine Laune schlagartig besserte? Diese Familie musste ich im nächsten Jahr jedenfalls nicht mehr besuchen …

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