Am Ende

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Er seufzte laut.

„Findest du das nicht unfair?“

„Was meinst du?“, fragte ich.

„Naja, ich habe mein Leben lang gespart. Ich habe gearbeitet, mir nichts gegönnt und alles gespart. Ich habe mir keine schönen Kleider gegönnt und mein Traumauto ist bis heute ein Traum geblieben. Ich habe viel Zeit damit zugebracht, um Schnäppchen zu kaufen und meinen Lebensunterhalt möglichst billig gedeckt. Ich habe Teebeutel mehrmals benutzt und Kuchen gab es nur am Sonntag, wenn Besuch kam. Ich habe keine unnötigen Anschaffungen gemacht und brav meine Steuern bezahlt. Mein Leben lang war ich nie am Meer und geflogen bin ich auch noch nie. Ich las jedes Jahr die gleichen Bücher wieder und einen Fernseher hatte ich die letzten zwanzig Jahre keinen mehr, weil der alte kaputt war.

Du hast dein Leben lang nicht viel gearbeitet, das Leben genossen und das Geld verschwendet. Du hattest immer die neuesten Dinge und wenn man dich besuchen wollte, musste man lang voraus einen Termin mit dir machen, weil du irgendwo in der Sonne lagst und nur sporadisch kurz da warst.

Und jetzt sitze ich hier im Altersheim. Neben dir. Ich habe die gleiche Aussicht wie du, mein Zimmer ist gleich groß, wie deines. Wir bekommen beide das gleiche Essen und auf deinem Dessert ist genau gleich viel Sahne, wie auf meinem. Das ist doch irgendwie nicht fair!“

Wir schwiegen eine Weile und dachten nach.

„Jetzt findest du es auch doof, nicht?“

„Ja, jetzt finde ich es auch doof …“

 

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