Mann mit Hut
Heute war wieder einmal so ein Tag. Mann mit Hut macht Scherz – Opfer fand’s nicht lustig. Das wäre ja alles nicht so schlimm; wenn nicht ich das Opfer gewesen wäre. Nicht schlimm für mich natürlich …
Besagter Kopfbedeckungsträger näherte sich mir von hinten (Insider wissen: Ich hasse das!) und quatschte mich an: „Gibt es hier einen Filialleiter?“ Ich drehte mich um und sah auf ihn hinab; er musste seinen Kopf heben, um mich unter dem Hutrand hindurch sehen zu können. „Nein,“ sagte ich mit emotionsloser Stimme. „Einen Stellvertreter?“ hackte er nach. Ich schüttelte den Kopf: „Nein, es gibt hier keinen Stellvertreter.“ „Gibt es denn sonst einen schlauen Kopf in diesem Laden?“ wollte er nun wissen. Bevor ich auch nur Luft holen konnte und mir die passenden Worte zurechtgelegt hatte, ergänzte er: „Nichts gegen sie, aber ich brauche jemanden mit Kompetenz.“ Ich schaute wieder einmal über meine Brille. „Grosse Worte für einen kleinen Mann“ sagte ich. „Und was wollen sie denn von einem schlauen, kompetenten Kopf?“ „Ich glaube nicht, dass das Sie etwas angeht!“ schnaubte er leicht säuerlich.
Zwischenzeitlich hatte ich meine Worte beisammen und ich konnte richtig loslegen. „Nun hören sie mir einmal kurz zu: Wer mich von hinten anspricht, verliert 100 Punkte auf der Beliebtheitsskala! Ist es ein Mann und keine schöne Frau, sind bereits weitere 100 verloren! Ist es ein kleiner Mann, gewinnt er einen Punkt pro Zentimeter Körpergrösse zurück – bei ihnen wären das so etwa 135. Hutträger verlieren automatisch weitere 100 Punkte – und wer den Hut im Gespräch mit mir aufbehält, verliert 2000 Punkte extra. Ihr Beliebtheitskonto hatte einen Saldo von – 2165 Punkten, bevor sie den Mund aufmachten. Es gibt hier keinen Filialleiter und keinen Stellvertreter. Und es gibt keinen schlaueren Kopf als meinen hier. Und ich verfüge über alle Kompetenzen der Welt. Und wenn sie etwas sagen wollen, was mich nichts angeht, dann gibt es nur eine Möglichkeit: Gehen sie raus und suchen sie sich irgendeinen Gesprächspartner. Mir gehört dieser Laden und ich bin jetzt alleine hier!“Ich weiss nicht, was in seinem Kopf vorging. Vermutlich rechnete er das Punktekonto nach … Langsam fasste er sich wieder. „Ach so; dann kann ich ja wirklich sie fragen,“ stammelte er „dürfte ich bitte draussen an der Plakatwand ein Flugblatt aufhängen?“
Er durfte. Als er weg war, sah ich mir sein Werk an. Das Flugblatt warb für einen Vortrag im Gemeindehaus. Thema: ‚Generationenkonflikt, gibt es das wirklich?‘ Die sollen mich jetzt bloss nicht fragen, ob ich ein Referat zu diesem Thema halten würde …
Ich habe ja schon einige Geschichten von Ihnen gelesen,die Meisten gefallen mir, diese ist aber wirklich hervorragend !
Da es für Europäer in Brasilien nicht viel zu lachen gibt,
lese ich hier gerne Ihre Geschichten !
Hallo, Urs Jenni, wieder mal klasse gekontert.
Da wäre mir auch „die Galle übergelaufen“.
LG. G. Pers